Rubrik 4
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Beiträge von Freunden & Wegbegleitern

Saskia Kanstinger

Den ersten Eindruck, den ich von Heinz Drossel bekam, war noch in keiner Weise von meinem Vorwissen über seine Geschichte beeinflusst.

Der erste Gedanke, der der mir durch den Kopf ging, als ich ihm vorgestellt wurde, war, dass er absolut sympathisch aussieht.

Seine Art, jemandem die Hand zu schütteln, war genau die, die man sich von jedem wünscht und in deren Genuss man nur selten kommt. -

Nicht zu fest, aber auch keine Spur von Schwäche.

Man konnte fühlen, dass er ehrliches Interesse daran hatte, sein Gegenüber kennenzulernen.

Meine Neugierde hatte sich nach ein paar ersten, freundlichen Worten wieder ihren Weg zu seinem Leben während des 2. Weltkrieges gebahnt und ich war sehr gespannt auf seine Erzählungen.

Seine Erzählungen

Alleine die Tatsache, dass Heinz Drossel erzählen wollte sich erinnern wollte

und andere zum Nachdenken bringen wollte, zeigte mir, dass mein erster, 'äußerlicher' Eindruck sich auch durch seinen Charakter bestätigen würde.

Vielleicht ist es für Jugendliche -ob sie ein Interesse an Geschichte haben oder nicht- erst einmal schwierig, Zugang zu einem Menschen aus einer anderen Generation zu bekommen, der nicht aus dem familiären Umfeld stammt. Bei Heinz Drossel aber war dies zu keiner Sekunde der Fall.

Integrität!

Wohl selten trifft man eine Person, die Integrität in solchem Maße ausstrahlt wie Heinz Drossel.

Ich spreche mit Absicht in der Gegenwartsform, denn auch wenn Heinz Drossel seit April 2008 nicht mehr unter uns weilt, so wird diese Integrität doch weiter ein Anstoß für andere Menschen sein - ein Anstoß seine eigene Vorstellung eines "Vorbildes" zu erweitern, gar neu zu definieren.

Nicht mehr er selbst, aber die Erinnerungen, die ich für mich aus den Gesprächen und Treffen mit ihm mitnehmen konnte, halten diese Integrität fest.

Heinz Drossel war ohne Zweifel ein großes Vorbild, doch hörte man ihm einige wenige Stunden zu, wurde deutlich wie selbstverständlich seine Taten für ihn waren.

Meinem persönlichen Eindruck nach sah er sich selbst nie als Held, sondern nur als Person, die seine Wertevorstellungen in Handlungen übertragen hatte und dessen Bestreben es war, dies auch weiterhin zu tun.

- Handlungen wie die, einen sowjetischen Kriegsgefangenen an der Front vor dem Tode zu retten, indem er ihn nahe der sowjetischen Truppen laufen lies.

- Handlungen wie die, der jüdischen Familie Senzig zu helfen, die ohne Unterstützung entdeckt worden wäre.

Heinz Drossel konnte sich auch all die langen Jahre später an viele Einzelheiten aus der Kriegszeit erinnern. Gerüche und Gefühle in bestimmten Situationen, was dem Geschehenen umso mehr Realität einhauchte.

Ich habe noch im Ohr, wie er immer wieder betonte, welche Ängste die unter dem Decknamen "Hesse" lebende Familie Senzig ertragen musste, während jedoch der Gefahr, der er durch seine Handlungen ausgesetzt war, kein Wort geschenkt wurde.

Ging er trotzdem auf jene Situationen ein, so war es immer in sachlichem Ton.

"Man lief Gefahr...", nicht "Ich lief Gefahr…"

Im Gegenzug waren die Emotionen, die seine Erzählungen mit sich brachten, auf jene Menschen bezogen, die ihm in dieser Zeit begegnet waren und denen er geholfen hatte.

Heinz Drossel hat dazu beigetragen, dass Geschichte nicht nur als "Vergangenes" angesehen wird, sondern vielmehr auch ihre Bedeutung für unsere Gegenwart und Zukunft wieder in den Vordergrund tritt.

Seine Offenheit und Bereitschaft dazu immer und immer wieder Schüler, Lehrer, Nachbarn oder völlig fremde Leute an seinem Leben Anteil haben zu lassen, ist einer der vielen Aspekte, die ich erwähnen würde um Heinz Drossel zu beschreiben.

Held, Vorbild, Freund...egal mit welchem dieser Worte man die Person Heinz Drossel definieren will, -alle treffen unbestreitbar auf ihn zu-.

So denke ich, dass ihm die Bezeichnung "Jemand, der das Richtige getan hat" wohl am besten gefallen würde.

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